Predigt für den 26. April 2020

1. Petrusbrief 2, 11 – Kapitel 3, 75   
Reihe II                                              Rodheim, 26.4.2020
 
Wem kann man so etwas heute noch sagen?. Der Tod von Jesus als Vorbild für uns? Wir sollen in seinen Fußstapfen nachfolgen, weil er ohne Sünde war und an seinem Leib unsere Sünden mit hinaufgenommen hat ans Kreuz…
 
Klar, der Gedanke der Stellvertretung ist hier angesprochen. Und Luthers Kreuzestheologie kann man in Ansätzen ebenso erkennen. Aber so, wie es hier steht, klingt es nicht anders als eine moralische Lehrstunde.
 
Als ich mit meinem Beruf anfing, gab es in einer Kirchengemeinde ein paar Jugendgruppen, die sangen so merkwürdige Lieder, wie:
„Wenn sie uns höhnen / uns übertönen
/ wenn sie uns niederschrei´n / laden wir eben / durch unser Leben / still zu dem Feste ein…“
 
Mir kam es vor, als ob diese jungen Leute Feinde dieser Welt waren und sich schon damals lieber auf „das Große Fest dereinst mit Jesus“ gefreut hatten.
 
Diese Vorstellung gab es, vom Anfang der christlichen Kirche, nicht nur bis ins Mittelalter, sondern weitergetragen durch die fromme Bewegung des Pietismus hat sie sich in manchen Gegenden bis heute gehalten.
 
 
 
Wir werden, im Gegensatz zu den Christen der ersten und zweiten Generation nicht mehr bedroht. Und selbst wenn wir belächelt werden, weil wir uns zur Kirche halten, was macht das uns aus?
 
Mit ist etwas anderes aufgefallen. Wen spricht der Verfasser des Briefes hier direkt an? Genau. Zuerst die Sklaven, dann die Frauen – und dann die Männer. Absolut das Gegenteil von dem, was damals üblich war. Denn Sklaven waren Menschen, die nicht zählten. Einigen Sklaven ging es wohl gut, aber viele wurden geschlagen. Als Personen interessierten sie nicht. Man nutzte nur ihre Arbeitskraft. Gebildete Römer fanden das Christentum gerade deswegen besonders lächerlich, weil es eine Religion für Sklaven sei.
 
Und die Frauen? Wenn sie zum Christentum übertraten, ernteten sie nur Unverständnis bei ihren Ehemännern.
 
Und die Männer? Sie sollen vernünftig mit ihren Frauen leben ( Kapitel 3, Vers 7 ) und sie ehren! Diese gegenseitige Achtung war unüblich in der Antike.
So dreht dieser Abschnitt aus der Bibel die Werte  der antiken, herrschenden Gesellschaft um.
 
Um diese Provokation überhaupt zu überleben, musste man sich in vielen Bereichen doch anpassen, unterordnen. Dagegen kommt nicht einmal der gewaschene Kommunist an, der dazu gesagt hätte: Wenn die christliche Botschaft was getaugt hätte, dann hätte sie zum Widerstand, ja zum Aufstand der Sklaven angeleitet.
 
Ja wenn, dann….., so reden die, die alles schon immer besser wussten.
 
Trotzdem glaube ich nicht, dass dieser Bibelabschnitt auf keinen Fall nur für treudoofe Schafe geschrieben ist, die sich Jesus so als Vorbild nehmen und in seine Fußstapfen treten und wegen der schönen Aussicht auf den Himmel einfach in dieser bösen Welt alles ertragen.
 
Immer wieder begegnen wir in der Bibel Menschen, die von Gott, von Jesus, angesprochen wurden, auch von den Aposteln, von den Briefeschreibern Paulus, Petrus, wir kennen nicht alle ihre Namen,
aber sie sprechen Menschen an, die von der damaligen Gesellschaft am liebsten zum Teufel oder sonst wohin gejagt worden wären. Oder die man einfach nur benutzte.
 
Unsere christliche Kirche hat dieser Welt eine Gegenwelt geschaffen, die bei aller Zerbrechlichkeit vielen Menschen Halt gibt, den sie nirgendwoanders finden konnten und wahrscheinlich auch heute nirgendwonders finden können.
 
Was für ein Schatz. Was für ein Leben.
 
Nach jemandem schauen zu können, der wenig zu melden hat.
 
In diesem luxuriös angemalten Wohnzimmer eines römischen Hauses werden einige Sklaven gearbeitet haben.