Predigt für den 28. Juni 2020

Micha 7, 18 – 20 NullpunktoderHoffnung28.6.2020
 
Es sind noch ungefähr 750 Jahre, bis Jesus auf die Welt kommen wird. Micha ist ein erwachsener Mann aus Moreschet, ein Dorf südlich von Jerusalem, am Rand der Berge. Micha ist kein Bauer, wie sein Papa. Micha ist ein Prophet.
Micha hat Visionen. Gott spricht mit ihm.
Weil Micha auf dem Land lebt, bekommt er hautnah mit,
was die Verwaltungsbeamten von Jerusalem der Landbevölkerung alles antaten. 
Und die Priester und viele Propheten segneten das alles auf Bestellung ab.
Micha gehörte nicht zu denen.
Micha machte seinen Mund auf
und er machte sich damit nicht beliebt.
In seiner Zeit hatten die Perser den ganzen Norden des Landes schon erobert. Jerusalem und den Süden hatte es noch nicht erwischt. Deswegen wurde Michas Kritik am Staat nicht ernst genommen.
Ein paar Jahre später machten sie lange Gesichter.
Aber da war es
zu
spät.
In dieser Zeit schreibt Micha:
 
PT Micha 7, 18 – 20 Zürcher Bibel
 
Micha traut seine Volksgenossen nichts mehr zu. Die Politiker bekommen keinen Frieden und etwas, was nach Gerechtigkeit klingt, nicht mehr auf die Reihe. Micha traut das
nur noch Gott selbst zu.
Als Micha Gott zutraute, dass er
alle unsere Sünden im tiefen Meer versenkt,
konnte er nicht ahnen, dass
wir schon lange selbst
unsere Sünden im tiefen Meer versenken.
 
Nach dem letzten Krieg 1945, als die Konzentrationslager aufgelöst wurden, fühlten wir uns
am Nullpunkt.
Nie wieder Krieg!
Was haben die Politiker gelernt?
 
Letztes Jahr war unsere Tochter mit ihrem Mann im Hambacher Forst, zum Protest, weil die Braunkohle,
die in der Erde liegt, weg soll.
Vor 35 Jahren gingen unsere jungen Leute in den Frankfurter Stadtwald, wo jetzt auf der Startbahn West die Flieger steigen.
 
Einige schreien und warnen, bevor es zu spät ist,
bevor wir am Nullpunkt sind,
 
andere tun
 
Den
Nullpunkt
am besten
 
verschieben.
 
Vielleicht erledigt er sich ja
in dieser Zeit.
 
Dann braucht man
nicht zu verzweifeln und man muss nicht
in tiefer Demut zu Gott kommen und sich vor ihm fürchten.
zum Herrn kommen und dort –
wie Kinder, die die Hand vor Schreck vor den Mund halten, um mit Furcht und Zittern vor Gott treten.
 
Nein. 
Nicht die Furcht ist das Erste.
Es heißt zwar in vielen Psalmen,
dass man Gott fürchte, heute war es ganz viel davon
Besser wäre:
Statt Fürchten:
Ehrfurcht haben vor Gott. Ehrfurcht gehört zum Wortfeld Fürchten dazu.
Also:
Einen anderen über sich anerkennen und den zulassen.
 
Deswegen kam der alte Bergsteigerheld Luis Trenker mit dem neueren Bergsteigerheld Reinhold Messner nie ins Reine:
„Weil der Messner keinen Herrgott über sich anerkennt!“schrie der alte Luis Trenker im Interview.
 
Ehrfurcht zu haben, einen anzuerkennen,
der alles vergibt, wo wir selbst weit hinter uns zurückbleiben.
 
Warnen, bevor es zu spät ist,
eine neue Hoffnung bringen, die immer wieder
übergangen wurde
wirkt vielleicht irgendwann naiv und als billiger Trost verlacht.
Sich weiter vertrösten
oder denken: So lange ich lebe, wird’s ja noch gut sein,
oder es aufzugeben?
 
Unsere Kinder und Enkel können sich unsere Resignation nicht leisten.
 
Wir kennen die Mahnungen: Wir haben die Erde nur von unseren Kindern
Also unseren Kindern eine verheerte Welt zu hinterlassen, ist ein schrecklicher Gedanke.
Unseren Kindern und Enkeln eine Welt hinterlassen, in der man keinen Gott mehr kennt, keine Verheißung, niemanden der tröstet, wie einen seine Mama tröstet, das ist genauso schrecklich.
Ich möchte, dass es kein billiger Trost sein soll, wenn wir auf Worte hören, die uns
trotz allem
Vergebung
zusagen,
Das geht natürlich über unseren Verstand.
Zum Glück haben wir nicht nur den, sondern noch vieel mehr.